Alle Menschen haben sich fein gemacht, die Kinofans sowie die Kinoarbeiterinnen. Das Cuvilliers-Theater hat das nicht nötig, es ist immer fein, auch oder weil es hunderte von Jahren alt und zugleich jung ist.
Es dauert, bis an diesem warmen Sommerabend alle auf ihren Plätzen sitzen.
Ich fächle mir und der Sitznachbarin Kühlung zu, mit meinem alten Fächer aus Straußenfedern, der wahrscheinlich nur wenig jünger ist als der großartige Rokokobau, der 1753 eröffnet wurde. Das Alte Residenztheater. Ein bisschen alte Heimat für mich auch.
In vielen Rollen stand ich auf dieser Bühne, hinter diesem Vorhang, der sich gleich für die Verleihung des Friedenspreises öffnen wird.... Falls es nicht wie im vergangenen Jahr die Aufforderung gibt, den Saal zu räumen. Feueralarm.
Nein, diesmal nicht. Es kann losgehen.

Brücken bilden
... das ist der Sinn dieses Preises, der einmal jährlich an Filme vergeben wird, die genau das tun. Verbinden statt trennen, durch das Medium der Filmkunst aufklären, engagiert und unterhaltsam, jungen Menschen Orientierungshilfe geben zur Identitätsfindung und Willensentscheidung gegen jegliche Gewalt und Verfolgung Andersdenkender und anders geprägter Menschen.
Elisabeth Wicki-Endriss hat diesen Preis ins Leben gerufen, die Witwe von Bernhard Wicki, Regisseur des berühmten Films "Die Brücke" aus dem Jahr 1959, der mich beim ersten Ansehen während des Kunstunterrichts als Jugendliche hat in Ohnmacht fallen lassen, da die Grausamkeiten des Krieges in dieser starken Geschichte zu erleben ich nicht aushalten konnte.
"Die, die ihre Existenz oder gar ihr Leben aufs Spiel setzen, um sich gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen Machtmissbrauch und Willkür aufzulehnen, sind die wahren Helden durch alle Zeiten."
(Bernhard Wicki)
Während früher der Film, der den Hauptpreis erhalten hat, zur Gänze gezeigt wurde, werden seit einigen Jahren Ausschnitte der vier Preisträger-Filme gezeigt. Nachher fühlt man meist Lust - und fast eine selbst auferlegte Verpflichtung - , sich die Filme im Kino anzusehen....
Die preisgekrönten Filme 2025 sind:
- Friedenspreis des Deutschen Films International für DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS von Mohammad Rasoulof
- SEPTEMBER 5 von Tim Fehlbaum mit Friedenspreis des Deutschen Films National
- Spezialpreis für das Empowerment-Projekt NAWI – DEAR FUTURE ME
- Debütfilmpreis für MIT DER FAUST IN DIE WELT SCHLAGEN von Constanze Klaue
- TV-Ausstrahlung der Veranstaltung: 3sat am 28. Juni (23:00 Uhr), BR am 1. Juli (23:30 Uhr)
Elisabeth Wicki-Endriss
... die selbst in der hochkarätigen Jury sitzt, habe ich vor vielen Jahren kennengelernt. Es war bei Dreharbeiten fürs ZDF. Später sind wir nebeneinander vor dem Mikrofon gestanden im Synchronstudio oder beim Bayrischen Rundfunk. Seit der Gründung des Bernhard-Wicki-Gedächtnis-Fonds im Jahr 2001 bekomme ich die Einladung zu der Verleihung, die ich mir nur selten habe entgehen lassen.

Georg Eisenreich, bayrischer Staatsminister, hielt eine engagierte Eröffnungsrede, wie immer, und man vergisst ganz, dass er zu der Partei mit dem C gehört.
Feiern ...
... im Kuppelsaal des Hotels Bayrischer Hof gehört dazu im Anschluss an den tiefgehenden und berührenden Abend .
Austausch mit Kolleginnen, ehemaligen Regisseuren, Menschen, mit denen man zufällig am Stehtisch landet und sich Köstlichkeiten vom Buffet schmecken lässt.
Bei mir sind es schon länger einfach Laugensemmel und Butter, was gibt es Besseres...
Doch, etwas gibt es:
Durch eine laue Sommernacht auf dem Fahrrad nach Hause fahren. Langsam. Um möglichst alle Lindenblütendüfte einzuatmen, an denen man vorbei kommt ...

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