Über das (aus)gesprochene Wort

 

Ich bin gestern diesem Gedicht von Hilde Domin begegnet, das ich noch nicht kannte und mich begeistert. ALLES ist in ihm enthalten, was uns die BEDEUTUNG eines einmal ausgesprochenen Wortes KLAR macht. Bevor wir sprechen, bewegen wir schon unsere Gedanken und EINER von ihnen materialisiert sich und weht aus unserem Mund und gesagt ist gesagt.

Es ist eine grossartige Übung in ACHTSAMKEIT, darauf zu achten, WAS wir WEM in welchem MOMENT und WIE sagen. Gesagt ist gesagt. Je klarer wir mit uns selbst unterwegs sind, desto klarer können wir uns ausdrücken. Scheinbar eine Selbstverständlichkeit.... 

 

Unaufhaltsam

von Hilde Domin

Das eigene Wort, wer holt es zurück,
das lebendige – eben noch ungesprochene Wort?

Wo das Wort vorbei fliegt, verdorren die Gräser,
werden die Blätter gelb, fällt Schnee.

Ein Vogel käme dir wieder
nicht dein Wort,
das eben noch ungesagte,
in deinen Mund.

Du schickst andere Worte hinterdrein,
Worte mit bunten, weichen Federn.

Das Wort ist schneller,
das schwarze Wort.

Es kommt immer an,
es hört nicht auf, an zu kommen.

Besser ein Messer als ein Wort.
Ein Messer kann stumpf sein.
Ein Messer trifft oft
am Herzen vorbei.

Nicht das Wort.

Am Ende ist das Wort,
immer
am Ende
das Wort.

 

 * * * *

Eine gute Zeit und viel Klar-text wünsche ich uns allen miteinander *

 

 

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