In der Karibik schlängle ich mich mutig in höchste Baumkronen hinauf, oder halte mich mit Luftwurzeln an Felsen fest. Ich bin risikofreudig und stark. Und sehr besonders. Sie nennen mich Königin der Nacht, sie haben halt so Ideen. Singen kann ich gar nicht und mit Mozart verbindet mich nur das Wort ZART.
Bestäubt werde ich ausschliesslich von meinen Freundinnen, den Nachtfaltern, oder von dunkelgrauen pelzigen Engeln mit weit gespannten Flügeln. Ja, ich werde bestäubt, denn ich habe die dazu nötigen Voraussetzungen, sieht man mir nicht an. Ich schütze meine Knospen sehr innig und lange, sie sind unscheinbar, braun und länglich, keiner sieht ihnen an, welche Wunder drin verborgen sind.
„Sieht aus wie ein alter Wasservogel“ hab ich auch schon darüber sagen hören.
Und nur wer wie ihr und Peter an Wunder glaubt, geduldig und sanft ist, kann in dem Augenblick dabei sein, wo ich meinen Blütenbabies das Go gebe, eines Nachts im Zwillingsmonat Juni, und sie haben es eilig, das Licht der Welt zu erblicken, im Dunkeln, das sie mit ihren zarten Sonnen beleuchten. Scheu, und nach Schokolade und Vanille duftend.
Ich höre auf zu atmen in meiner erfüllten Pracht.
Die Zeit bleibt stehen.
Wer meinen Prinzessinnen zuschaut beim Sich-Öffnen, beim vorsichtigen Abtasten der Luft, beim Heraustreten aus dem Kokon, beim jubelnden Sich-ganz-Befreien, beim stillen Sein und Leuchten, ist nachher nicht mehr der Mensch, der Ersiees vorher war, hab ich gehört.
Ich sag´s ja, ich bin was Besonderes.
Du auch. Du hast teilgenommen. Und meine Sprache verstanden.
Danke. Bis zum Juni im nächsten Jahr.
(c)kp